Jens Adam (Bremen): Everyday Cultural Diplomacy. Kulturerbe und Kulturarbeit in fragilen Gefügen

Aushandlungen um kulturelles Erbe und die Bedingungen internationalen Kulturaustauschs finden zunehmend in fragilen Gefügen statt: Kriege und Autoritarismen, Klimawandel und Pandemie, durch einen extraktiven Kapitalismus bedrohte Lebensräume und Fluchtbewegungen sind nicht nur äußerlich bleibende Themen. Sie schlagen sich direkt in den Handlungsfeldern und Arbeitsweisen von Kulturerbemanager:innen und Kulturmittler:innen nieder. 

Basierend auf ethnografischen Feldforschungen in Bosnien-Herzegowina, Palästina/Israel und der Ukraine zeichne ich nach, wie Praktiker:innen des Kulturaustauschs mit solchen Herausforderungen umgehen: In welche Akteursfelder und mikropolitischen Auseinandersetzungen treten sie ein? Welche Fertigkeiten, Arbeitstechniken und Kooperationsformen entwickeln sie? Und wie lassen sich die Anforderungen in solchen Arbeitskontexten mit den Zielsetzungen und Prioritäten nationalstaatlicher Kulturpolitiken in Einklang bringen? Mit dem Begriff Everyday Cultural Diplomacy fokussiere ich das Ensemble von relationalen, vorsichtig tastenden Arbeitsweisen, die Kulturmittler:innen zur Anwendung bringen, um in fragilen Gefügen ihr Handlungsvermögen zu bewahren. 

Jens Adam studierte Europäische Ethnologie und Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Dort promovierte er mit einer Studie zu „Auswärtiger Kulturpolitik als Konfliktprävention“. Diese Dissertation – entstanden auf Basis von Feldforschungen in Ramallah, Tel Aviv, Sarajevo und Berlin und mit dem ifa-Forschungspreis Auswärtige Kulturpolitik ausgezeichnet – ist unter dem Titel „Ordnungen des Nationalen und die geteilte Welt“ als Buch erschienen: https://www.transcript-verlag.de/media/pdf/2e/06/62/oa9783839442623.pdf. Seit 2016 führt er eine ethnografische Langzeitstudie zu den Beziehungen zwischen  Stadtraumentwicklung und Europäisierung in der westukrainischen Stadt L’viv (Lemberg) durch. Als Teil der U Bremen Excellence Chair Research Group „Soft Authoritarianisms“ begann er im März 2020 eine Forschung zu aktuellen autoritären Verschiebungen innerhalb der  polnischen Demokratie. Zuvor war er Vertretungsprofessor für „Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie“ an der Georg-August-Universität Göttingen sowie für „Maritime Anthropologie“ an der Universität Bremen.

Technische Universität Berlin
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