Bianka Trötschel-Daniels (Weimar): Das Erbe und das Recht – Stabilität per Gesetz. Zum Denkmalpflegegesetz der DDR von 1975

Mit dem Erlass des Denkmalpflegegesetzes 1975 in der DDR wurde umgesetzt, was Denkmalpfleger bereits seit den späten 1940er Jahren gefordert hatten: Die Denkmalpflege in der DDR sollte auf eine verlässliche und ausdrucksstarke, stabile und stabilisierende Rechtsgrundlage gestellt werden, in der Schutz und Pflege der baukulturellen Schätze des Landes umfassend geregelt würden. Doch zunächst kam es 1952, inmitten der Diskussion um den Erlass eines Gesetzes, zur Verabschiedung einer Denkmalschutzverordnung. Diese Verordnung verlor wenige Wochen nach ihrem Inkrafttreten durch die Verwaltungsreform und die damit verbundene Einführung der Bezirke ihre verwaltungsorganisatorische Grundlage: Die nach der VO verantwortlichen Landesämter für Denkmalpflege wurden aufgelöst. Denkmalpflege musste damit in einem rechtlichen Vakuum stattfinden. Die Diskussionen um eine der Realität angepasste Rechtsgrundlage, die mehr Rechtssicherheit bot, brach nicht ab. 1961 wurde eine novellierte Denkmalschutzverordnung erlassen, die endlich die administrativen Zuständigkeiten im Denkmalschutz anpasste und damit die der praktischen Denkmalpflege zugrunde liegenden Instrumente, wie Inventarisation, überhaupt ermöglichte.Seit Beginn der 1960er Jahre fand auch auf europäischer Ebene eine Sensibilisierung für den Denkmalschutz statt. Viele Nationalstaaten in Europa erließen neue Rechtsgrundlagen für Denkmalschutz, griffen damit Impulse des Europarates und des neugegründeten Internationalen Rates für Denkmale und Plätze (Icomos) auf und ließen wiederum ihre nationalstaatlichen Erfahrungen auf die europäische Ebene zurückfließen. Trotzdem die DDR kein Mitglied des Europarates war und erst 1969 Mitglied bei Icomos wurde, fanden die Diskussionen um die letztendliche Verabschiedung eines Denkmalpflegegesetzes in einem europäischen Kontext statt. Das Denkmalpflegegesetz war Teil der Anstrengungen, die die DDR auf dem Weg zur internationalen Anerkennung unternahm. Es wirkte insofern stabilisierend für die Denkmalpflege nach innen, weil die Denkmalpfleger ihre Forderung nach einer neuen Rechtsgrundlage erfüllt sahen. Außenpolitisch wirkte das Gesetz repräsentativ, weil es einen Staat symbolisierte, der sich der Pflege des baukulturellen Erbes annahm.