Elena Rădoi (Weimar): Parasiten – die konstruierte Instabilität der Lücken

Lücken, Degradation, Zerstörung, Alterung interferieren mit der Botschaft des Kunstwerkes — egal ob alt oder neu —, und beeinträchtigen dessen »Lesbarkeit«, weswegen in der Restaurierung und Denkmalpflege gegen Lücken und Verlust gekämpft wird. Die Lakunen besitzen ein eigenes »Leben« und »speisen sich« von der Materie des Kunstwerk selbst; im konkreten Fall: je größer die Lücke, desto kleiner und unsichtbarer die Malerei. Das Verhältnis Kunstwerk-Lücke, ist similär dem in der mathematischen Kommunikationstheorie (Shannon and Weaver, 1949) etablierten Signal-Noise-(Signal-Störung-)Verhältnis. Die klassische Restaurierung nimmt sich vor, dieses Noise zu dämpfen, wenn nicht komplett zu eliminieren, um eine perfekte Kommunikation zwischen Kunstwerk und Betrachter zu ermöglichen. Die Lücken sind das, was da ist, wenn etwas nicht mehr da ist; sie sind die Präsenz der Absenz. Von diesem Gedanke ausgehend, werde ich in meinem Vortrag die Lücken per se thematisieren und deren Verhältnis zum Kunstwerk unabhängig von den denkmalpflegerischen Desideraten analysieren. Analog zu dem Noise, erweisen die Lücken selber das Potenzial, Information zu über den Absender (über das Kunstwerk) zu vermitteln. Demzufolge stellen sich die Fragen, wie diese Informationsübertragung stattfindet und wie die Lücken funktionieren. Ich werde mithilfe des Serres’schen Begriffs Parasit und des Simmel’schen Begriffs Fremde einige Reflexionen über das Wesen der Lücken in byzantinischen Freskomalereien und deren Wirkung im Bild und Raum.