Anna Yeboah (Berlin): Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt

Berlin war als brandenburgisch-preußische Residenzstadt und später Reichshauptstadt politisches Entscheidungszentrum des deutschen Kolonialreichs und ein prominenter Ort für koloniale Wissenschaften, Technik- und Kulturproduktion.

Hier fand 1884/85 die folgenschwere Berliner Afrika-Konferenz statt – ein Schlüsselmoment für das europäische Kolonialprojekt, bei dem koloniale Grenzziehungen auf dem afrikanischen Kontinent konsolidiert wurden. Als Hauptstadt eines imperialen Staates war Berlin bereits im späten 19. Jahrhundert Ziel für koloniale Migration – insbesondere aus den deutschen Kolonien – und entwickelte sich so zu einem internationalen Zentrum antikolonialen Widerstands. Lange verdrängt und ausgeblendet, gewinnen diese historischen Ereignisse und Entwicklungen seit kurzen an Präsenz: auf Initiative zivilgesellschaftlicher Gruppen und der Community entstehen endlich Erinnerungs- und Aufarbeitungskonzepte die einen kritischen Umgang mit der Kolonialität der Stadt fordern und die städtischen Erinnerungskultur transformieren. Das Modellprojekt Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt ist ein Versuch neue Wege der Zusammenarbeit zwischen Institutionen und kritischer Zivilgesellschaft zu finden und so trotz der inhärent prekären und lückenhaften Quellenlage in öffentlichen Archiven kolonialisierte Menschen als Subjekte und als immanenten Teil der Berliner Stadtgeschichte zu rekonstruieren.

Anna Yeboah ist Architektin und Kuratorin. Sie studierte Architektur mit Schwerpunkt Kulturtheorie an der Technischen Universität München und der UPC Barcelona. Ihre Forschung und künstlerische Praxis beschäftigen sich mit Machtsystemen in Architektur und Stadtplanung. Ihre Untersuchungen zum Thema wurden unter anderem auf der 15. Architekturbiennale in Venedig gezeigt und in internationalen Fachmedien veröffentlicht. Anna Yeboah war Dozentin am Institut für Geschichte und Theorie Gestaltung der Universität der Künste Berlin. Seit 2020 verantwortet Anna Yeboah die Gesamtkoordination des fünfjährigen Modellprojekts „Dekoloniale Erinnerungskultur in der Stadt“ für die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland e.V.

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