Sophie Stackmann: Integrität und Erbe – Unversehrtheit, Unberührtheit und Ganzheit als belastete Konzepte des Kulturguterhalts (GER)

Europäische Konzepte von kulturellem Erbe basieren darauf, Objekte zu sammeln, zu ordnen und zu konservieren. Dabei ist es ein wesentliches Ziel, die ausgewählten Objekte vor Veränderung zu schützen. Integrität lässt sich als ein umbrella term verstehen, der dieses vielfältige Streben nach größtmöglicher Unversehrtheit im Bereich des kulturellen Erbes beschreibt. Dabei ist Integrität historisch mit Debatten um die Gegensätzlichkeit von Konservieren und Restaurieren verknüpft. Allerdings bezieht sich die Wahrung der Integrität nicht ausschließlich auf materielle Eigenschaften, sondern das Konzept ist moralisch und politisch aufgeladen. Diskurse um Integrität adressieren immer auch Fragen nach der (gewaltvollen) Zuweisung von Identitäten und der Abgeschlossenheit kultureller Räume. In der Folge beschreibt Integrität nicht nur die wünschenswerte Unversehrtheit eines Objekts, sondern dem Begriff wird implizit und explizit ein toxisches Streben nach kultureller Homogenität einbeschrieben.

Der Vortrag diskutiert den Begriff der Integrität als einen Schlüsselbegriff für europäische Konzepte von kulturellem Erbe und die Ambivalenz, die dem Konzept innewohnt. Im Besonderen konzentriert sich der Vortrag auf die Geschichte der Denkmalpflege und der Heritage Studies.

Sophie Stackmann ist Universitätsassistentin am Lehrstuhl für Denkmalpflege und Bauen im Bestand an der TU Wien. Zuvor war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kompetenzzentrum Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien (KDWT) an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Von 2019 bis 2021 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im DFG-Projekt Architektur- und Planungskollektive der DDR: Institutionelle Strukturen und kreative Prozesse in der sozialistischen Architekturproduktion. Ihre Promotion zum Konzept der Integrität und dessen Bedeutungen für Diskurse in den Denkmalwissenschaften schloss sie 2022 ab (gefördert durch ein Promotionsstipendium der Johannes-Rau-Gesellschaft). Sie studierte Kunstgeschichte und Denkmalpflege an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg.