Uta Bretschneider: „Lost Places“ als ephemere Denkmale der Transformationszeit (GER)

Mit dem Ende der DDR gingen tiefgreifende Umbrüche einher, die alle Lebensbereiche erfassten. Es waren Allesandersjahre, in denen zugleich vieles möglich schien. Es waren Jahre des Aufbruchs, deren fluide Strukturen neue Wege denk- und gangbar werden ließen. Doch zugleich verschwanden Sicherheiten und Gewissheiten, starben Betriebe der volkseigenen Vergangenheit, erodierten Beziehungen, wanderten tausende Menschen ab. Bis heute zeugen die Architekturen zahlreicher ostdeutscher Klein- und Mittelstädte von den Umbruchserfahrungen dieser sogenannten Transformationszeit. Auch wenn Rathäuser und Marktplätze längst fröhlich bunt leuchten, an den Rändern klaffen Lücken, wirken die eingeschlagenen Fenster leerstehender Gebäude wie tote Augen. Diese „Lost Places“ gelten vielen Menschen vor Ort als „Schandflecke“, materialisieren sie doch auf schwer zu ertragende Art das Scheitern. Und zugleich taugten sie oft auch dazu, als Zeitzeugen oder ephemere Denkmale der Transformationszeit befragt und gelesen zu werden.
Der Vortrag lädt zum genaueren Hinsehen und zu einem Dialog mit den „Lost Places“ ein, die als bislang wenig beachtete Quelle der historischen Forschung stärker in den Fokus gerückt werden.

Uta Bretschneider ist Direktorin des Zeitgeschichtlichen Forums Leipzig, von 2016 bis 2020 leitete sie das Hennebergische Museum Kloster Veßra, ein 1975 gegründetes Freilichtmuseum im Süden Thüringens. Zuvor war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde, Dresden. Sie promovierte zwischen 2011 und 2014 zum Thema „‚Vom Ich zum Wir‘? Flüchtlinge und Vertriebene als Neubauern in der LPG“. Von 2009 bis 2011 arbeitete sie am Hennebergischen Museum Kloster Veßra. 2008 schloss sie ihr Studium der Volkskunde/Kulturgeschichte und Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena ab.
Forschungsschwerpunkte: Musealisierung, DDR-Alltagskultur, Transformationszeit, Biografieforschung, Geschichte der ländlichen Räume.

Bauhaus-Universität Weimar
Marienstraße 13c, Hörsaal B
Beginn: 18.45