Agnieszka Zablocka-Kos (Wrocław): Auf der Suche nach der nationalen Identität – Ausstellungen in Mitteleuropa 1906-1929

Universitätsbibliothek der TU und UDK Berlin
Fasanenstraße 88
Raum Bib 01
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In ihrem Vortrag untersucht Agnieszka Zablocka-Kos Ausstellungen mit besonderem Hinblick auf die angespannten nationalen Verhältnisse in mitteleuropäischen Grenzregionen vor und nach dem Großen Krieg. Die verstärkte Identitätssuche manifestierte sich in der Deutschböhmischen Ausstellung in Reichenberg 1906 (Liberec in Tschechien, damals österreichisch), in der Industrie- und Landwirtschaftsausstellung in Tschenstochau 1909 (Częstochowa in Polen, damals russisch) sowie in der Ostdeutschen Ausstellung in Posen 1911 (Poznań in Polen, damals preußisch).
Erst durch den Blick auf diese propagandistisch konzipierten Shows erscheint die Breslauer Jahrhundertausstellung 1913 in einem neuen Licht. Im Vortrag wird die These aufgestellt, dass die dortigen Hauptgebäude von Max Berg (Jahrhunderthalle) und Hans Poelzig (Historische Ausstellung) als deutsches Nationaldenkmal und die ganze Ausstellung als eine Kulmination der nationalen Hegemoniebestrebungen vor 1914 zu interpretieren sind. 1929 hat die deutsch-polnische Konkurrenz in den umstrittenen Regionen in zwei weiteren Ausstellungen ihren Ausdruck gefunden: in der Allgemeinen Landesausstellung in Posen und in der Werkbundausstellung WuWA in Breslau, die unbedingt kohärent zu analysieren sind.

Agnieszka Zabłocka-Kos (Wrocław), Architektin und Kunsthistorikerin, lehrt als Professorin für moderne Architektur und Urbanistik am Kunsthistorischen Institut an der Breslauer Universität. Sie beschäftigt sich vor allem mit der Architektur- und Städtebaugeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts in Mitteleuropa, insbesondere in Deutschland und Polen, mit dem Schwerpunkt Schlesien. Von besonderem Interesse ist für sie die politische Architektur in umstrittenen Grenzregionen, sowie die Architektur des „III. Reiches“, der Wiederaufbau der polnischen und deutschen Städte und die Nachkriegsmoderne in Mitteleuropa. Sie ist u. a. Mitglied in der Gesellschaft für Stadtgeschichte und Urbanisierungsforschung, im Werkbund Bayern, in der ICOMOS Sektion „Architektur des 20. Jahrhunderts in Polen“ und in der Polnischen Kunsthistorischen Gesellschaft. Neben zahlreichen Vorträgen in Deutschland, Österreich und Tschechien, war sie Senior Fellow am Freiburg Institute for Advanced Studies (2011/2012) sowie Stipendiatin deutscher und österreichischer Stiftungen. Sie publizierte Bücher über die schlesische Architektur im 19. Jahrhundert. Von 2014-2017 war sie Kooperationspartnerin im BMBF-Verbundprojekt „Welche Denkmale welcher Moderne? Erfassen, Bewerten und Kommunizieren des baulichen Erbes der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts” der Bauhaus-Universität Weimar und TU Dortmund.