Joseph Imorde (Siegen): Plastik goes Pop. Kunststoffhäuser gestern und heute

Im Jahr 1968 entstand der Prototyp des Fertighauses, das in dem Vortrag kontextualisiert werden soll, der Prototyp des Hauses FG 2000. Der Entwerfer war der in Frankfurt geborene Modell- und Formenbaumeister Wolfgang Feierbach (1937–2014). FG stand für Fieberglas, das heißt für glasfaserverstärkten Kunststoff, der vor allem für das Obergeschoß des Hauses verwendet wurde. Nicht nur mit der Wahl der zur serienreife entwickelten Bauelemente wurde hier Position bezogen, sondern besonders auch mit der Innenarchitektur und den Möbeln aus farbigem Kunststoff.

Plastik war im Zentrum der Pop-Art angekommen als Andy Warhol im März 1966 für sein Multimedia Projekt „Up-Tight“ einen neuen Namen erfand. Er nannte es nun „Erupting Plastic Inevitable“ und kurz darauf – noch ein wenig expressiver – „Exploding Plastic Inevitable“. Es handelte sich dabei um ein „mixed-media“-Abenteuer, das neben den Filmen von Andy Warhol auch die Musik von den Velvet Underground und Nico präsentierte, während „Superstars“ wie Gerard Malanga und Mary Woronov dazu tanzten. Diese Partys waren deshalb wegweisend, weil sie darauf zielten, verschiedene sinnliche Angebote miteinander ins Verhältnis zu setzen und dabei die flüchtigen, weil ephemeren Aspekte einer Kunst- und Raumerfahrung als konstitutiv zu akzeptieren. Die Events von „Exploding Plastic Inevitable“ räumten – buchstäblich – mit dem Begriff des Betrachters auf, und forderten unmißverständlich den Teilnehmer, Mitspieler oder Mitproduzenten.

Joseph Imorde studierte Kunstgeschichte, Philosophie und Musikwissenschaft in Bochum, Rom und Berlin. Parallel zum Studium arbeitete er mehrere Jahre als Redakteur für die Architekturzeitschrift „Daidalos“. 1996 gründete er den Buchverlag „Edition Imorde“. Nach der Promotion zur römischen Festarchitektur des Barock wechselte er als Assistent an das Institut für Geschichte und Theorie der Architektur an die ETH Zürich. 2001 ging er als Stipendiat der Forschungsgruppe „Kultbild“ an die Universität Münster. Gefördert wurde er vom Land Berlin, der Volkswagen- und der Thyssenstiftung. Von 2008 bis 2010 war Joseph Imorde Feodor Lynen Stipendiat der Alexander von Humboldt Stiftung mit einem Projekt an der University of Michigan, 2012 und 2017 Scholar am Getty Research Institute in Los Angeles. Nach der Habilitation an der TU Dresden wurde er im August 2008 auf den Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Universität Siegen berufen. Arbeitsfelder sind Barocke Kunst, Kunsthistoriographie, Architekturgeschichte bzw. Architekturtheorie, Populärkultur, etc.

Buchveröffentlichungen: Präsenz und Repräsentanz. Oder: Die Kunst, den Leib Christi auszustellen (1997), Barocke Inszenierung (1999), Plätze des Lebens (2002), Affektübertragung (2004), Die Grand Tour in Moderne und Nachmoderne (2008), Michelangelo Deutsch! (2009), Dreckige Laken (2012), Medialität und Menschenbild (2012); Teilhabe am Schönen (2013), Carlo Dolci. A Refreshment (2018), Billige Bilder (2016, 2019), Volkstümliche Moderne. Malerei und populäre Kultur der Gründerzeit (2019), Sigmar Polke und die 70er Jahre. Netzwerke, Experimente, Identitäten (2020) etc.