Ein (nicht mehr ganz so) schwieriges Erbe. Über das Dokumentieren des sich wandelnden Nürnberger Reichsparteitagsgeländes (EN)

Das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg ist die größte erhaltene Denkmalanlage des Nationalsozialismus in Deutschland. Nach einer umstrittenen Entscheidung soll dort vorübergehend das Opernhaus der Stadt und daran anschließend ein Kulturzentrum untergebracht werden. Zusammen mit der aufwendigen Restaurierung anderer wichtiger Teile der Anlage – des Zeppelinfelds und der Zeppelintribüne – stellen die zum Teil bereits in ihrer Umsetzung begonnenen Pläne die umfangreichste Generalüberholung dieses NS-Architekturkomplexes seit seiner Errichtung in den frühen 1930er Jahren dar. 

Der Filmemacher Gilad Baram und der Komponist und Künstler Bnaya Halperin-Kaddari sind in Israel als Nachkommen europäischer Juden aufgewachsen und haben das Land vor über zehn Jahren verlassen, um in Berlin zu leben und zu arbeiten. Von den Umbauplänen in Nürnberg irritiert, begannen sie ein Filmprojekt, welches das Gelände sowohl als physischen Ort der architektonischen Transformation als auch als metaphorischen Ort gesellschaftlicher und kultureller Veränderungen im Hinblick auf Deutschlands nationalsozialistisches Erbe und eine wiedererwachende nationale Identität untersuchen soll. Fünf Jahre lang bewegen sie sich auf dem Denkmalgelände, das sich schnell verändert und richten dabei ihre Aufmerksamkeit auf die verschiedenen öffentlichen Nutzungen, auf die architektonische Erneuerung und Umnutzung sowie auf die Menschen, die auf dem Gelände leben und arbeiten. Der Dokumentarfilm mit dem vorläufigen Titel „Making Good Again“ soll 2026 kurz nach der großen Premiere des neuen Nürnberger Opernhauses uraufgeführt werden.

Durch die Verknüpfung von persönlichen und kollektiven Narrativen wirft „Making Good Again“ eine Reihe grundlegender Fragen zur Rolle von Denkmälern bei der (Re)konstruktion historischer Narrative auf: Ist Deutschland die „Aufarbeitung seiner Vergangenheit“ gelungen? Was erfordert intergenerationelle Verantwortung im Hinblick auf den Zweiten Weltkrieg sowie den Holocaust und was folgt aus dem Mangel an einer solchen Verantwortung? Welche Rolle spielt Schuld heute in der deutschen Gesellschaft – wenn überhaupt? Und schließlich: Ist Wiedergutmachung in Deutschland möglich, oder anders gefragt: Kann das ‚Böse‘ (wieder) ‚gut‘ gemacht werden?

Im Rahmen des Lecture-Screenings werden exklusive Ausschnitte aus dem im Werden begriffenen Projekt der Filmemacher gezeigt und Einblicke in den künstlerischen Recherche- und Schaffensprozess dieser Langzeitproduktion gewährt.