Positionalitäten und Identitäten im Museum. Unser Weg zu einer persönlicheren, reflektierten institutionellen Praxis. (DE)

Oft werden Museen als objektive, neutrale Orte wahrgenommen (Gesser et al. 2020). Mithilfe des Bewahrten und Gezeigten, aber auch durch die ausgeschlossenen Dinge, Wissensbestände und Narrative, tragen sie wesentlich zur dominierenden Erinnerungskultur und Wahrnehmung von Individuen und Gemeinschaften sowie ihrer jeweiligen Identitäten bei. Die angenommene museale Objektivität wird von Museumsmitarbeitenden bislang wenig hinterfragt und gleichzeitig von jenen Forschungsprojekten bestätigt, die Museen als einstimmige statt peopled Institutionen betrachten (Boersma 2023; Morse et al. 2018). Die Positionalitäten der Mitarbeitenden werden in der musealen Praxis kaum reflektiert.
Das kritische Nachdenken über unsere eigenen Positionalitäten möchten wir in unserem Vortrag ins Zentrum stellen. Dazu beginnen wir mit einer Auseinandersetzung mit dem Identitätsbegriff und beleuchten die Aushandlungsprozesse verschiedener Identitäten: einer narrativen Identität, die in Ausstellungen hervortritt, einer institutionellen, die in Arbeitsprozessen und -praktiken sichtbar wird, einer beruflichen, die das eigene Selbstverständnis der Mitarbeitenden berührt, und einer persönlichen, die aus unserer Biographie hervorgegangen ist. Oft unausgesprochen bleibt dabei die Wirkung der eigenen Positionalitäten, die unsere Verhältnisse zu anderen Menschen prägen und unsere Perspektiven rahmen. Neben unseren Positionalitäten im Kontext unseres Arbeitsumfeldes reflektieren wir auch die deutungsmächtigen Strukturen, die museale Sammlungen, tradierte Arbeitsweisen und kuratorische Praktiken sowie institutionelle Rahmenbedingungen und (die Zuschreibung von) Wissen und Expertise umfassen können. Indem wir uns mit unseren eigenen Identitäten, unserer Position und Rolle innerhalb einer Institution und den vorhandenen Strukturen auseinandersetzen, dekonstruieren wir die vermeintliche Objektivität des Museums. Wir plädieren somit dafür, dass Macht und Möglichkeiten musealer Akteur*innen, Identitäten zu prägen, zu definieren und auszuschließen, als Teil der Ausstellungsentwicklung thematisiert und in Ausstellungen sichtbar gemacht werden sollten. In diesem Zusammenhang möchten wir Positionalität und Subjektivität besprechbar machen. Damit laden wir dazu ein, die institutionelle Praxis auch als eine persönliche zu reflektieren – denn nur über diesen Weg können Museen zu vielstimmigen, subjektiven und relationalen Räumen werden.