Samia Henni: Toxisches Erbe (EN)

Zwischen 1960 und 1966 führte das französische Kolonialregime vier atmosphärische und dreizehn unterirdische Atomtests sowie weitere nukleare Experimente in der algerischen Sahara durch – mit gravierenden Schäden für die Umwelt in dieser Region.

Dieses geheime Atomwaffenprogramm begann im Laufe der algerischen Revolution bzw. des algerischen Unabhängigkeitskriegs (1954-1962). Die damit einhergehende Verstrahlung der Sahara verbreitete sich als radioaktiver Fallout über Algerien, Nord-, Zentral- und Westafrika sowie den Mittelmeerraum (einschließlich Südeuropa). Sie führte zu einer irreversiblen und noch immer andauernden Kontamination von lebenden Organismen, Zellen und Partikeln sowie der natürlichen und bebauten Umwelt. Da die Archive des französischen Atomprogramms auch nach über fünfzig Jahren noch verschlossen sind, ist nur wenig über die historischen Fakten und die anhaltenden Auswirkungen bekannt. Der Vortrag erörtert, wie dieses toxischen Erbe sichtbar gemacht werden kann. 

Samia Henni ist Architekturhistorikerin, Ausstellungsmacherin und Dozentin. Ihre Forschungen sind in den Monografien „Architecture of Counterrevolution: The French Army in Northern Algeria“ (2017) und „Colonial Toxicity: Rehearsing French Radioactive Architecture and Landscape in the Sahara“ (2023), sowie in den Sammelbänden „War Zones“ (2018) und „Deserts Are Not Empty“ (2022) dargelegt. Weiterhin waren sie Thema in mehreren Ausstellungen: „Archives: Secret-Défense?“ (ifa Galerie/SAVVY Contemporary, Berlin, 2021), „Housing Pharmacology“ (Manifesta 13, Marseille, 2020) und „Discreet Violence: Architecture and the French War in Algeria“ (Zürich, Rotterdam, Berlin, Johannesburg, Paris, Prag, Ithaca, Philadelphia, und Charlottesville, 2017-22). Derzeit ist Henni als Gastprofessorin am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur der ETH Zürich tätig. Sie hat an der Cornell University, der Genfer Hochschule für Kunst und Design, der Princeton University und der Universität Zürich unterrichtet.

Universitätsbibliothek der TU und UDK Berlin
Fasanenstraße 88, Raum Bib 014, 10626 Berlin
Beginn: 18.30 Uhr