Karan Saharya

Kurzvita
- Seit 2023 Doktorand an der Fakultät für Architektur und Urbanistik der Bauhaus-Universität Weimar
- 2025-2027 DAAD Stipendium für Promotion
- 2023-2025 Assoziierter Wissenschaftler am DFG-Graduiertenkolleg 2227 „Identität und Erbe“
- Seit 2023 Lehrbeauftragter an der DIA Hochschule Anhalt Dessau
- Seit 2024 Mitglied der European Association for South Asian Studies
- Seit 2024 Mitglied der Society of Architectural Historians
- 2023 Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim United Nations Human Settlements Programme (UN-Habitat)
- 2020–2023 Gastprofessor für Architekturgeschichte an der CEPT University, Ahmedabad
- 2020–2022 Kurator und Forscher beim CultureNOW Museum Without Walls, New York
- 2020 Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fakultät Architektur an der Harvard University
- 2019–2020 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Massachusetts Institute of Technology City Sciences Lab
- 2018–2020 M.A. Studium Design Studies mit den Schwerpunkten Denkmalpflege und Stadtplanung an der Harvard University, Graduate School of Design
- 2016-2018 Tätigkeit als Architekt für Denkmalpflege und Urbanistik in Indien
- 2011–2016 B.A. Studium Architektur an der University School of Architecture and Planning, Neu Delhi
Kontakt
saharyakaran@gmail.com
Gottheiten, Abrisse & Entwicklung
Räumliche Auseinandersetzungen um Moderne, Erbe und Identität im Kashi-Vishwanath-Quartier von Varanasi, Indien
Dieses Promotionsprojekt untersucht kritisch die städtische Neugestaltung im und um das Kashi-Vishwanath-Tempel–Gyanvapi-Moschee-Areal in Varanasi, eine symbolisch aufgeladene und historisch vielschichtige Kulturlandschaft. Es wird argumentiert, dass die jüngsten räumlichen Transformationen einen einzigartigen Einblick in die Politiken der Heritage-Produktion im zeitgenössischen Indien aufzeigen, wie Macht, Raum und Identität bei der Neugestaltung sakraler Geografien ineinandergreifen.
Der 2019 gestartete, staatlich initiierte „Kashi Vishwanath Corridor“ gilt mittlerweile als Modell für Infrastrukturausbauprojekte und tourismusorientierte Stadterneuerung. Seine Umsetzung brachte jedoch eine beispiellose Verdrängung, räumliche Säuberung und eine grundlegende Reorganisation des hochverdichteten städtischen Gefüges mit sich. Die sensible Zone zwischen dem Tempel aus dem 18. und der Moschee aus dem 17. Jahrhundert ist zu einem ideologischen Spannungsfeld geworden: ein Ort, an dem nationalistische Zielsetzungen, sich überschneidende rechtliche Rahmenbedingungen, Erzählungen über Kulturerbe und Metaphern des Staatskörpers zusammentreffen. Die kuratierte Ästhetik des Korridors verläuft entlang einer monumentalen Achse, die den Tempel symbolisch neu zentriert und ihn mit dem mythologisierten Flussufer verbindet, während die Moschee als „das Andere“ an den Rand gedrängt wird. Entlang dieser Achse entstanden Plätze für Handel und Tourismus, ein deutliches Zeichen für die Verflechtung von Nationalismus und urbaner Kapitalisierung. Obwohl der Korridor in staatlicher Rhetorik als „aspirativ“ und „modernisiert“ gepriesen wird, wurde seine Vision in akademischen Diskursen dafür kritisiert, Varanasis pluralistische Rituallandschaft zu einer gesicherten, vereinheitlichten und futurisierten „Hindulandschaft“ zu glätten. Dieses Projekt rückt in den Vordergrund, wie Architektur sowohl als Instrument utilitaristischer Entwicklung als auch identitärer Behauptung eingesetzt wird, und wie staatliche Macht sich in Wiederaufbau ritualisiert. Es verfolgt außerdem die Geschichten solcher räumlicher Interventionen zurück zu kolonialen und orientalistischen Denkrahmen von Archäologie, Recht und Denkmalpflege, die Indiens Vergangenheit rassifiziert und exotisiert haben. Diese epistemischen Erbschaften prägen bis heute zeitgenössische Narrative von Rückgewinnung und Authentizität, insbesondere in einer Stadt, die von Kastenkonflikten, islamischem Bildersturm und umkämpfter Souveränität geprägt ist.
Methodisch kombiniert die Studie räumliche Kartierung, Feldforschung, Archivarbeit und Interviews, um eine vielschichtige Analyse der Transformation des Quartiers zu erstellen. Kartierungen verfolgen Veränderungen in der Stadtmorphologie vom Mogulreich bis heute und zeigen auf, wie architektonische Kontinuitäten unterbrochen oder vereinnahmt werden, um ein heterogenes und komplexes Gefüge zu erzeugen. Archivmaterialien – darunter koloniale Karten, Amtsblätter und Planungsdokumente – kontextualisieren die heutigen Eingriffe in längeren Genealogien urbaner Kontrolle und sakraler Raumordnung.
Letztlich untersucht dieses Projekt Formen von Staatlichkeit, Spektakel und symbolischer Gewalt, die Varanasi nicht länger als neutralen Pilgerort, sondern als politisch aufgeladene urbane Imagination rekonstruieren. Es leistet einen Beitrag zu globalen Debatten über „difficult heritage“, kollektives Gedächtnis und Modernität. Indem es die Annahme in Frage stellt, dass Erbe per se bewahrend, technisch oder inklusiv sei, versteht diese Forschung Erbe als einen zutiefst umkämpften und dynamisch verhandelten Prozess. Sie stellt zentrale Fragen: Wenn Erbe zur Rückgewinnung nationaler Identität herangezogen wird, wessen Geschichten werden hervorgehoben, welche Räume gelöscht? Welche architektonischen Modalitäten formen die Neuinszenierung einer heiligen Stadt? Und wie können Architekt:innen und Planer:innen Erbe als kritische Linse nutzen, um die komplexen Verflechtungen von Macht, Raum und Identität sichtbar zu machen?
Veröffentlichungen
- Saharya, K. (2025) “Hybrid Inheritance: How seemingly contradictory cultural systems continue to shape Indian habitats”, CEPT Essay Prize 2025. CEPT University Press: Ahmedabad
- Saharya, K. (forthcoming, 2025) “Corporal Iconoclasm: Nationalist Narratives of Heritage & the Case of Gyanvapi in Varanasi, India”, Bodies, in, as, of, with, and Identity & Heritage, Berlin
- Saharya K. (2024) “Heritage Conservation & Tourism as Agents of Spatial Cleansing in Mehrauli, New Delhi” in: Maria Gravari-Barbas and Maria Garcia Hernandez (eds.) Cultural Heritage at the Urban & Metropolitan Peripheries. Routledge: Paris
- Saharya, K. (2019) “Dwelling, Development & Displacement: The Politics of Space in Post-Partition Delhi” in: CEPT Essay Prize Journal, CEPT University Press: Ahmedabad
- Saharya, K. (2019) “Exclusionary Geography: UNESCO in Bombay’ in: UD:ID (online), Department of Urban Planning & Design, Harvard University: Cambridge
- Saharya, K. (2019) “The Many Lives of the Qutub Minar”, Harvard South Asia Institute (online)
Vorträge
- “Contested Spaces: Researching Heritage, Identity & the Politics of Development”, Master Talk Series, organized by COOP Design Research, Bauhaus Dessau, 2025
- “Towards a New Articulation of Heritage in Post-Postcolonial India”, International Conference of the Society of Architectural Historians, Atlanta, 2025. Supported by the SAH Annual International Conference Fellowship
- “God, Tourism and the Erasure of Domestic Space”, ‘Domesticity Under Siege’ International Architectural Conference 2025, organized by University of Brighton, 2025
- “Corporal Iconoclasm”, ‘Bodies in, as, of, with and Identity & Heritage’, 8th Annual Conference organized by DFG Research Training Group 2227 ‘Identity and Heritage’, Technische Universität Berlin, 2024
- “Heritage Conservation & Tourism as Agents of Spatial Cleansing in Mehrauli, New Delhi”, International Conference on Cultural Heritage at the Urban & Metropolitan Peripheries, organized by UNA-Europa, Universite Paris 1 Pantheon Sorbonne, 2023
- “In the Name of Heritage”, Design Research Forum organized by Harvard Graduate School of Design, 2021
- Critical Conservation seminar organized by Department of Architecture, Harvard Graduate School of Design, 2020