Karan Saharya

Kurzvita

  • Seit 2023 Assoziierter Wissenschaftler am DFG-Graduiertenkolleg 2227 „Identität und Erbe“
  • 2023 Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim United Nations Human Settlements Programme (UN-Habitat)
  • 2020–2023 Gastprofessor für Architekturgeschichte an der CEPT University, Ahmedabad
  • 2020–2022 Kurator und Forscher beim CultureNOW Museum Without Walls, New York
  • 2020 Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fakultät Architektur an der Harvard University
  • 2019–2020 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Massachusetts Institute of Technology City Sciences Lab
  • 2018–2020 M.A. Studium Design Studies mit den Schwerpunkten Denkmalpflege und Stadtplanung an der Harvard University, Graduate School of Design
  • 2016-2018 Tätigkeit als Architekt für Denkmalpflege und Urbanistik in Indien
  • 2011–2016 B.A. Studium Architektur an der University School of Architecture and Planning, Neu Delhi

Kontakt

saharyakaran@gmail.com

Raumpolitik der Denkmalpflege und das Gespenst des religiösen Nationalismus im Indien nach der Liberalisierung

Die Kulturerbeforschung im postkolonialen Indien ist noch immer von kolonialen Erkenntnistheorien geleitet. Vorrangig konzentriert sie sich auf die Erhaltung ausgewiesener Denkmäler, die auf vermeintlich stabilen Wertzuschreibungen beruht und die Bewahrung authentischer Materialität. In jüngster Zeit wurde der Umgang mit dem architektonischen Erbe insbesondere durch das Zusammentreffen neoliberaler Wirtschaftspolitik und religiösem Nationalismus geprägt. Zwei bedeutende Ereignisse am Beginn der 1990er Jahre standen am Anfang dieser Entwicklung.

Die wachsende Haushaltsschuldenkrise des Jahres 1991 zwang die nationale Regierung zu einer Liberalisierung des sozialistischen Wirtschaftssystems. Infolgedessen kam es zu einer zunehmenden Touristifizierung des Kulturerbes in den Städten mit ausländisches Kapital akquiriert werden sollte. Das Interesse der denkmalpflegerischen Institutionen verlagerte sich im Zuge dessen von der konservierenden Bewahrung hin zu einer Schaffung ästhetischer Kulissen und der Verwertung auf dem Immobilienmarkt. Weiterhin besetzten und zerstörten konservative nationalistische Gruppierungen 1992 die im 16. Jahrhundert errichtete Babri-Moschee um die Errichtung eines Hindu-Tempels an dieser für Muslime bedeutsamen mittelalterlichen Stätte zu fordern. Während sich die politische Landschaft im heutigen Indien fortwährend in Richtung des religiösen Nationalismus verschiebt, werden Kulturdenkmäler weniger als architektonische Artefakte betrachtet, sondern vielmehr als kulturell veränderliche Symbole angesehen, deren Identitätskonstruktionen und Wertezuschreibungen einem partikularen Narrativ entsprechen.

Das Forschungsprojekt untersucht, wie sich Identitätskonstruktionen, Nationbuilding und staatliche Einflussnahme auf die Praktiken der Denkmalpflege in der postkolonialen Ära Indiens auswirken. Das Projekt untersucht die historische Entwicklung der Denkmalpflege in Indien um deren widersprüchliche Praktiken in der Gegenwart nachzuvollziehbar zu machen. Das Projekt stellt die These auf, dass die Konzeptionen des architektonischen Erbes im jüngsten politischen Diskurs lokale Identitätszuschreibungen verwenden und zugleich auf rassistisch geprägte Konzepte britischer Denkmalpfleger des 19. Jahrhunderts zurückzu führen sind. Darüber hinaus vertritt das Projekt zudem die Hypothese, dass die von den Briten verfassten Denkmalpflegegesetze noch immer zur territorialen Enteignung auf der Grundlage paternalistischer Prinzipien und zur Schaffung gentrifizierter städtischer Räume genutzt werden.

Im Mittelpunkt der Forschung steht die Frage, welche soziale Gruppen in die Planungs- und Erhaltungsprozesse einbezogen bzw. davon ausgeschlossen werden. Die Idee der „Säuberung“ spielt dabei eine zweifache Rolle: Sie ist ein Mittel zur Ästhetisierung städtischer Räume und ein politischer Mechanismus zur Verschärfung gesellschaftspolitischer Ausgrenzung. Das Projekt zielt darauf ab, die folgenden Fragen zu beantworten:  Mit welchen kritischen Erbebegriffen der Architekturgeschichte können die Verbindungen zwischen Macht, Raum und Identität analysiert werden? Welche soziale und kulturelle Rolle wird dem kulturellen Erbe inmitten des zunehmenden religiösen Nationalismus in postkolonialen Nationen wie Indien zugeschrieben? Wie wirken sich die veränderten Konzeptionen von „Erbe“ auf die „Raumproduktion“ im urbanen Indien aus? Wer wird schließlich in den Prozess der Erhaltung und Entwicklung einbezogen und ausgeschlossen?


Veröffentlichungen

Saharya K. (erscheint 2024) “Heritage Conservation & Tourism as Agents of Spatial Cleansing in Mehrauli, New Delhi” in: Maria Gravari-Barbas and Maria Garcia Hernandez (eds.) Cultural Heritage at the Urban & Metropolitan Peripheries. Routledge: Paris

Saharya, K. (2019) “Dwelling, Development & Displacement: The Politics of Space in Post-Partition Delhi” in: CEPT Essay Prize Journal, CEPT University Press: Ahmedabad

Saharya, K. (2019) “Exclusionary Geography: UNESCO in Bombay’ in: UD:ID (online), Department of Urban Planning & Design, Harvard University: Cambridge